Der Regisseur zum Film
Die Idee zu diesem Kurzfilm entstand aus der Überlegung, dass jeder
Mensch in Situationen gerät, in welchen er mit physischer Gewalt
gegenüber seinem Umfeld reagieren möchte. Beim Schreiben des
Drehbuchs stellte ich mir unter anderen Fragen wie: Woher kommen diese
Aggressionen? Wie geht jemand damit um? Lässt er der Aggression in
einem Gewaltausbruch freien Lauf oder baut er sie anderweitig ab?
Bei der Erzählung der Geschichte stelle ich nicht die Gewalt in den
Vordergrund, sondern die Entstehung des Aggressionspotentials. »Er«
zeigt einen Mann, der sich zunehmend von seinen Erinnerungen, seinen Assoziationen
zu Erlebnissen im Alltag oder von seinen Ängsten bedroht fühlt.
Er entwickelt einen Hass gegen diese in ihm aufkommenden Bilder und sieht
als einzigen Ausweg deren Zerstörung. Jeder Mensch hat seine individuellen
Assoziationen zu Bedrohungen und Ängsten und der verwendete Bildinhalt
und -schnitt soll dafür nur einen Stimmungsrahmen geben. Den eigentlichen
Auslöser des Gewaltausbruchs lässt die Geschichte dann auch
offen. Die Einstellungen zum Schluss wählte ich, da ich glaube, dass
eine Gewaltanwendung nicht nur dem Opfer, sondern auch dem Aggressor grossen
Schaden zufügt und bei beiden bleibende Spuren hinterlässt.
Der Film hat für mich aber noch einen weiteren Aspekt. Die Frage
nach der Möglichkeit des Auslöschens einer Erinnerung. Im Alltag
sind wir ununterbrochen Erfahrungen ausgesetzt. Viele davon nehmen wir
in Form von Bildern auf oder lassen dazu Bilder in unseren Gedanken entstehen.
Diese Bilder begleiten uns dann ein Leben lang. Manche sind bedrückend
und wir versuchen, sie zu verdrängen. Diese Verdrängung ist
wie ein Versuch einer Zerstörung. Meiner Meinung nach ist dieses
Auslöschen von Erinnerungen unmöglich. Denn unsere Gedanken
hören nie auf, Bilder zu verarbeiten. Und irgendwann wird ein neu
entstandenes Bild eines der verdrängten Bilder wieder mobilisieren.
Zum Beispiel werde ich nie ein Kinderspielplatz besuchen können,
ohne bei dessen Anblick auch Erinnerung an meine eigene Kindheit zu wecken.
Die Gewalt und auch das Verdrängen sind keine Lösungen gegen
die Aggression. Darum möchte ich mit diesem Kurzfilm auch die Diskussion
über den Umgang mit den eigenen Unzufriedenheiten und Aggressionen
anregen. Gerade in einem dicht besiedelten Lebensraum finde ich die Thematik
der Aggression und Gewaltbereitschaft sehr wichtig. Immer wieder entsteht
bei eng beieinander lebenden Menschen Missgunst. Der Grund können
verschiedene Standpunkte einer Beziehung, ein soziales Gefälle oder
die Missachtung eines Gesetzes sein. Der Umgang mit diesem Potential ist
sehr verschieden. Am Wichtigsten erscheint mir aber, dass wir darüber
sprechen, was uns in eine unzufriedene Lage bringt. Denn nur so können
wir keimende Aggressionen genug früh abbauen.
Andreas
|